Am Mittwoch bzw. Donnerstag startet die Leipziger Buchmesse. Als ich noch Teenager und Studentin war, packte mich bei dem Termin nicht nur die Bücherfan-Euphorie, sondern meistens habe ich mich Monate vorher schon auf den Termin vorbereitet und meine Mappe bearbeitet. Denn zur Leipziger Buchmesse veranstalteten Verlage meistens Mappensichtungen und gaben Künstlern Feedback zu ihren Zeichnungen und Manga-Projekten. Manchmal ging man mit viel konstruktiver Kritik nach Hause, manchmal mit einer Visitenkarte und der Aufforderung etwas einzusenden. Die Urteile waren für mich immer eine sehr persönliche und wichtige Sache. Der Manga, den ich den Verlagen vorgestellt habe, war übrigens Morphin. Also genau der, den man jetzt hier stattdessen online lesen kann. 🙂 Aber ich bin nicht traurig, dass das Thema für mich erstmal vom Tisch ist. Stattdessen schaue ich gern auf diese spannende Zeit zurück. Und zur Feier des Buchmesse-Starts habe ich mal meine kuriosesten Erlebnisse aus dieser Zeit mitgebracht. Viel Spaß 😉
(1) Eine Verlangsangehörige war im Jahr zuvor total von meiner Geschichte begeistert und empfand meinen Zeichenstil als nicht alltäglich aber sehr gut und hat mir eine Visitenkarte und Aufforderung zum Einsenden der Projektvorstellung mit auf den Weg gegeben. Die Freude war groß, ich habe eingesendet, aber sie fanden es noch zu früh für mich. Im Jahr darauf ging ich dort wieder hin. Dieselbe Dame war wieder da. Und zur Unterstützung auch eine deutsche Zeichnerin, deren Name hier mal ungenannt bleibt. Diese deutsche Zeichnerin hat meinen Zeichenstil kritisiert. Und das nicht zu knapp. Irgendwie hat ihr scheinbar überhaupt nichts gefallen. Was vielleicht auch keinen Wunder ist, da unsere Stile so unterschiedlich waren wie Tag und Nacht. Die Verlagsangehörige saß daneben und hat alles abgenickt und ihr fleißig zugestimmt, obwohl der Tenor im Jahr davor noch ganz anders war. Das hätte ich ihr am liebsten gleich mal gesagt …
(2) Als ich bei einer Mappensichtung wartete, hörte ich hinter mir aufgeregtes Schluchzen und raunen. Als ich mich umdrehte war da ein Mädchen und weinte bitterlich. Sie war so etwa 15 oder 16 wie ich bei meiner ersten Mappensichtung und laut ihren Freunden so nervös, dass sie sich gar nicht im Griff hat. Das war schon ein bisschen herzzerreißend. O_O
(3) Eines schönen Tages kam neben dem Chefredakteur eine andere Verlagsangehörige dazu um den massiven Ansturm der Zeichner zu bewältigen. Irgendwie wollte aber scheinbar keiner zu ihr, sondern alle zu dem Chefredakteur und sobald sie wieder für jemand neues Zeit hatte, taten alle so als ob sie unsichtbar wären. *Pfeif* Tüdeldü… wie im Unterricht, wenn man auf keinen Fall dran kommen will. Irgendwer ging dann zu ihr. (Fakt ist aber, dass der Chefredakteur eine sehr einflussreiche Person ist, das hatte wahrscheinlich weniger mit der Person oder Erscheinung der Redakteurin zutun.) Als dann der Chefredakteur wieder ‚frei‘ wurde, waren alle wie gebannt. Er schaute mich und ein Mädchen neben mir an und sagte „Sie sind schon lange da – wer ist dran?“ Und als ich selbstbewusst nach vorne ging, merkte das andere Mädchen an, dass sie bald zum Zug müsse. Naja. Ich wollte ja nicht von den anderen gesteinigt werden, also ließ ich sie gehen und war dann bei der anderen Verlagsangehörigen dran. Das andere Mädel, was angeblich zum Zug musste, erschien dann Stunden später bei der Mappensichtung eines anderen Verlags. ò_ó
(4) Vor mir in der Schlange waren bei einer Mappensichtung ein paar Zeichner, die alle kollaborierten und dem Redakteur freudestrahlend ihre Mappen vorlegten. Er bekam irgendwie einen roten Kopf als er die Mappe anschaute und war auffällig ruhig. Und sagte nichts. Ich wurde etwas neugierig, lehnte mich vor und sah die Zeichnungen der Gruppe. Die waren gut, keine Frage, aber etwas zu explizit und speziell für das Programm dieses Verlages. 😉 Die vielen muskulösen Männer in den Illustrationen waren nur spärlich mit Leder/Latex-Fetisch-Klamotten bekleidet. Er erklärte ihnen ganz behutsam, dass der Verlag da nicht so ganz die Zielgruppe hat für deren Novel. Beim nächsten Verlag geschah dasselbe wieder. Derselbe rote Kopf, dieselbe Sprachlosigkeit. Köstlich. Ich habe mich sehr amüsiert. 🙂
(5) Hinter mir in der Schlange haben sich einige Gleichgesinnte gefunden und diskutieren hitzig darüber wie geil ihre Projekte sind. Da sagt einer, dass er sich total in seine Geschichte reingekniet hat und schon so lange daran arbeitet wie noch nie zuvor. Der andere fragt wie lange und die Antwort kam prompt „Man – schon 2 Monate, Alter!“ ^_^‘ Hehe. Zu diesem Zeitpunkt war mein ‚Morphin‘ schon drei Jahre alt und ich bin nicht mal Profi … man sollte mal Profis fragen wie lange die schon an ihren Projekten feilen. Da wird man wohl auch im Bereich „Jahre“ liegen.
Header image photo credit: Dewang Gupta
Der Artikel erschien übrigens schon mal in leicht anderer Form auf meinem anderen Blog. Nicht, dass ihr euch wundert 😉 Man könnte meinen, dass die Manga-Szene ihr eigenes Paralleluniversum in der LBM hat, von den Mappensichtungen wussten viele gar nicht. Tatsächlich weiß ich auch nicht, ob immer noch Mappensichtungen auf den Messen angeboten werden. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass sich digitale Mappen gar nicht durchgesetzt haben. Habt ihr da andere Erfahrungen gemacht? Geht ihr vielleicht sogar noch fleißig zu solchen Sichtungen? Was sind eure besten Erlebnisse von Mappensichtungen? Und falls das gar nicht euer Metier ist: was habt ihr schon für kuriose Situationen auf Messen erlebt, die andere vielleicht gar nicht als solche wahrgenommen haben? Wahrscheinlich werde ich in der Zukunft auch mal einen Beitrag dazu machen wie man sich eine gute Mappe aufbaut.
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